November 14, 2024

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Bundesregierung wegen Russland und Ukraine unter Beschuss |  Deutschland |  Neues und ausführliche Berichterstattung aus Berlin und darüber hinaus |  DW

Bundesregierung wegen Russland und Ukraine unter Beschuss | Deutschland | Neues und ausführliche Berichterstattung aus Berlin und darüber hinaus | DW

Für viele politische Beobachter in den USA und einigen osteuropäischen Ländern scheint das Bild Deutschlands als verlässlicher Verbündeter Risse bekommen zu haben. Eine Welle der Kritik ergießt sich über Berlin – gelegentlich gemischt mit bitterem Spott. Zumal Deutschland auf Kiews Bitte um Waffenlieferungen mit der Zusage reagierte, 5.000 Schutzhelme bereitzustellen. Dann wurden Karten veröffentlicht, die den Flugweg britischer Transportflugzeuge mit Waffen in die Ukraine zeigten, die offensichtlich den deutschen Luftraum meiden mussten.

Mit der Bewältigung der ersten großen außenpolitischen Krise steckt die neue Bundesregierung auch in einer Imagekrise. Der Leiter des Warschauer Büros der Denkfabrik European Council on Foreign Relations beispielsweise, Piotr Buras, sagte der überregionalen Tageszeitung taz Er zeigte sich „verblüfft“ über die chaotische Kommunikation in Berlin: „Die Bundesregierung spricht nicht mit einer Stimme. Wir haben viele Meinungen gehört, sehen aber keine klare Strategie.“ Internationale Zeitungen aus dem New York Times zum Deccan Herold im indischen Bangalore machten Schlagzeilen mit der Frage: „Wo steht Deutschland im Ukraine-Konflikt?“

Keine Waffen für die Ukraine, aber Gas aus Russland?

Spanien hat eine Fregatte ins Schwarze Meer entsandt, Dänemark schickt Kampfjets nach Litauen und eine Fregatte in die östliche Ostsee, die USA stellen ihre Truppen in Bereitschaft – all dem steht Deutschlands Weigerung gegenüber, Waffen an die Ukraine zu liefern.

Deutschland hat es Estland bisher verweigert, neun aus Ostdeutschland stammende Haubitzen in die Ukraine zu schicken. Berlin begründet dies mit seinen politischen Beschränkungen für Rüstungsexporte in Krisenregionen.

Alexander Graf Lambsdorff, stellvertretender Vorsitzender der neoliberalen FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag, glaubt an solche Exporte nichts: „Wir haben eine Situation, in der die ukrainischen Streitkräfte den russischen um ein Vielfaches unterlegen sind ein Faktor, der niemals durch Waffenlieferungen ausgeglichen werden könnte“, sagte er der DW:

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Kritiker verweisen auf die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands und die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen. Auf Russland entfallen mehr als 40 % des von Deutschland importierten Rohöls und 56 % des Erdgases. Diese Menge könnte durch die im vergangenen Sommer fertiggestellte, aber noch nicht in Betrieb genommene Gaspipeline Nord Stream 2 erhöht werden. Bundeskanzler Olaf Scholz hat erst kürzlich deutlich gemacht, dass die Pipeline im Falle einer russischen Militärintervention kein grünes Licht bekommen würde.

Mühe, Gemeinsamkeiten zu finden

Die Mitte-Links-Sozialdemokraten (SPD), die die neue Regierungskoalition in Berlin führen, betonen eher die Notwendigkeit von Verhandlungen und Deeskalation im Verhältnis zu Russland. Ihre Koalitionspartner, die Grünen und die FDP, plädieren beide für eine härtere Haltung.

Aber auch innerhalb der SPD gab es in den vergangenen Tagen eine regelrechte Kakophonie. Am Montag haben Parteifunktionäre, Gesetzgeber und Regierungsmitglieder schließlich eine gemeinsame Position ausgearbeitet: Im Falle einer Invasion lägen alle Optionen für harte Sanktionen auf dem Tisch. Inzwischen sollten alle diplomatischen Kanäle ausgelotet werden, insbesondere im sogenannten Normandie-Format gemeinsam mit Frankreich; und das Verbot von Waffenlieferungen an die Ukraine bleibt bestehen.

Hier liegt die SPD auf einer Linie mit der Mehrheit der Bundesbürger. Laut einer neuen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGovs unterstützen 59 Prozent der Befragten die Position der Bundesregierung, keine Waffen in die Ukraine zu schicken. Nur 20 % sprachen sich für Waffenlieferungen aus. Schließlich ist Deutschland eines der größten Geberländer der Ukraine, was wirtschaftliche und humanitäre Hilfe betrifft.

Wladimir Putin und Angela Merkel trafen sich am 20. August vor ihrem Abgang als Kanzlerin in Moskau

Angela Merkel vermisst

Internationale Beobachter weisen darauf hin, dass der Abgang der langjährigen Bundeskanzlerin Angela Merkel von der politischen Bühne die europäische Russlandpolitik erheblich geschwächt und eine Lücke hinterlassen hat, die Bundeskanzler Olaf Scholz offenbar noch nicht schließen konnte. Die Briten Ökonomwies beispielsweise darauf hin, dass der Kommunikationskanal zwischen Berlin und Moskau seit dem Regierungswechsel Anfang Dezember versiegt sei.

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„Der Vorteil von Bundeskanzlerin Merkel war, dass sie Putin jederzeit anrufen und ein Gespräch herbeiführen konnte“, bestätigt der ehemalige Sicherheitsberater Horst Teltschik gegenüber der DW. Scholz soll sich bisher nur einmal mit dem Kreml in Verbindung gesetzt haben. Das war Ende Dezember.

Dieser Artikel wurde ursprünglich auf Deutsch verfasst.

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