BERLIN, 23. August (Reuters) – In drei ostdeutschen Bundesländern finden im September Wahlen statt, die die politische Landschaft des Landes vor der Bundestagswahl im nächsten Jahr aufrütteln könnten, wobei zwei populistische Parteien in Meinungsumfragen gut abschneiden.
Hier einige Fakten zur Wahl:
Wahlen
Thüringen und Sachsen stimmen am 1. September und Brandenburg am 22. September ab. In den drei Staaten leben zusammen etwa 8,5 Millionen Menschen – etwa so viel wie die Schweiz – und 10 % der Bevölkerung Deutschlands.
Sie befinden sich im ehemals kommunistisch regierten Osten, wo die Wahlsysteme auch mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung noch unterschiedlich sind.
Die Landesregierungen und Parlamente sind für Angelegenheiten wie Polizei, Gerichte, Bildung und Kultur zuständig.
Landtagswahlen bestimmen auch die Zusammensetzung des Bundesrates, des Bundesoberhauses des Parlaments, das über einige nationale Gesetze Mitspracherecht hat, und geben einen Überblick über die Stimmung der Bürger.
Umfragen
Derzeit dominieren drei Parteien die politische Landschaft Ostdeutschlands. Sie sind konservative und zwei Anti-Establishment-Parteien: die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) und das sozialkonservative und wirtschaftlich linke Sahra-Wagenknecht-Bündnis (BSW).
Umfragen deuten darauf hin, dass die drei Landtagswahlen der AfD und dem BSW, einer im Januar gegründeten und nach ihrem Gründer benannten populistischen Partei, die Einfluss auf die nationale Politik haben könnte, weitere Legitimität verleihen könnten.
Sowohl AfD als auch BSW sind euroskeptisch, einwanderungsfeindlich, pro-russisch und antimilitärisch und unterstützen die Ukraine.
Aktuelle Umfragen deuten darauf hin, dass die AfD in allen drei Bundesländern mit 24 bis 30 % der Stimmen an erster Stelle stehen könnte. Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg ist eine rechtsextreme Partei die größte im deutschen Parlament.
Bundesweit konkurrieren die oppositionellen Konservativen mit der AfD um den ersten Platz in Sachsen, während sie in Thüringen einen guten zweiten Platz belegen und in Brandenburg Kopf an Kopf mit den Sozialdemokraten (SPD) von Bundeskanzler Olaf Scholes liegen.
Alle drei Parteien in der Koalition von Scholz stehen vor einer miserablen Leistung, wobei die Grünen und die wirtschaftsfreundliche Freie Demokratische Partei (FDP) kurz davor stehen, aus dem Thüringer Landtag auszutreten, weil sie die Fünf-Prozent-Hürde nicht erreicht haben.
Die SPD liegt in Sachsen und Thüringen auf einem guten Weg, nur 6-7 % der Stimmen zu erreichen, ein schlechtes Ergebnis für die seit langem eine der beiden größten Zeltparteien Deutschlands.
Unterdessen wird erwartet, dass die BSW in den drei Bundesstaaten 13-18 % der Stimmen erhält. Die extreme Linke wird die abtrünnige Linkspartei in Brandenburg und Sachsen zerstören und in Thüringen mehr als die Hälfte ihrer Unterstützung gewinnen.
Auf nationaler Ebene liegen AfD und BSW bei 16-19 % bzw. 7-9 % der Wählerstimmen, aber in diesen drei östlichen Bundesländern werden sie zusammen fast die Hälfte der Stimmen erhalten.
Schlussfolgerungen und Allianzbildung
Deutschland ist eine parlamentarische Demokratie, in der die Partei regieren kann, die allein oder in einer Koalition eine Mehrheit bilden kann.
Da es unwahrscheinlich ist, dass die AfD allein eine Mehrheit erringt, ist sie für die Bildung einer Koalitions- oder Minderheitsregierung in den drei Bundesländern auf die Unterstützung einer anderen Partei angewiesen. Doch bisher weigern sich alle anderen Parteien, mit der Partei zusammenzuarbeiten.
Politikanalysten sagen, die AfD werde Manöver, um sie von der Macht zu stürzen, als antidemokratisch darstellen.
Unterdessen erschwert das Verbot einer Koalition der konservativen Partei mit der linksextremen Partei die Koalitionsrechnung zusätzlich, insbesondere in Thüringen, wo letztere 13 % der Stimmen hat.
Konservative könnten mit Unterstützung des BSW die Bildung einer Koalitions- oder Minderheitsregierung in Thüringen anstreben.
In Sachsen und Brandenburg könnten Koalitionen aus den amtierenden Konservativen, der SPD und den Grünen genügend Unterstützung finden, um an der Macht zu bleiben – wenn nicht, müssen sich auch die etablierten Parteien auf den BSW verlassen.
Regierungsführung
Sollte die AfD – wie in Sachsen und Thüringen – ein Drittel der Parlamentssitze erreichen, wird sie die Minderheit bei einigen Entscheidungen blockieren, etwa bei Änderungen der Landesverfassung und Richterbesetzungen.
Außerdem nominiert sie als Erstplatzierte traditionell den Landtagspräsidenten, was allerdings eine Abstimmung erfordert und möglicherweise nicht genügend Unterstützung findet.
Vermutlich wird die Stärke von AfD und BSW die Regierungsführung erschweren, was dazu führen wird, dass schlechte Koalitionen oder Minderheitsregierungen für immer um genügend Stimmen für die Verabschiedung von Gesetzen kämpfen müssen.
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Berichterstattung von Sarah Marsh, Bearbeitung durch Frances Kerry
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